Ausführliche Geschichte der Firma Alrich und der Familie Richter / Becker
Wappen der Familie Richter
Alfred Richter
Alfred Richter wird am 21.07.1878 in Neuzelle als fünftes Kind des Ehepaares Robert Richter und seiner Ehefrau Karoline geb. Ruhs geboren. Nach erfolgreich absolvierter Schulzeit erlernte er den Beruf des Kaufmanns und eröffnete ca. 1900 im Alter von 22 Jahren in dem Ort Rauscha ein Kolonialwarengeschäft. Näheres zur Familie Richter erfahren Sie hier.
Im Adressbuch der Oberlausitz von 1905 für den Ort Rauscha, Kreis Görlitz ist Alfred Richter unter der Hausnummer 241 mit einem Kolonial- und Materialwarengeschäft verzeichnet.
Wahrscheinlich, wie damals üblich, lernte er seine spätere Ehefrau Lonny geb. Lang durch einen Hochzeitsvermittler kennen und heiratete diese am 21.03.1903 in Schwedt an der Oder. Noch im gleichen Jahr machte er sich auf die Suche nach einem neuen Laden in der Uckermark und wurde in Brüssow fündig. Der Kaufmann Wilhelm Friedrich Petermann wollte seine Geschäftsaktivitäten nach Berlin verlegen und bot seinen Kolonialwarenladen in Brüssow Am Markt 31 zum Kauf an. Alfred und Lonny Richter zogen in einen Anbau, welcher sich hinter dem Haupthaus befand und Alfred arbeitete zunächst einige Wochen bei Herrn Petermann im Geschäft mit, um die dortigen Gepflogenheiten zu erlernen. Nach dem vollzogenen Verkauf des Geschäftes und des ganzen Hauses siedelte Wilhelm Friedrich Petermann nach Berlin um und konzentrierte sich auf den Tabakhandel.
Alfred Richter betrieb zunächst beide Geschäfte in Brüssow und in Rauscha gleichzeitig, wie man den alten Geschäftsbüchern entnehmen kann. Da er sich jedoch in Brüssow noch weitere Geschäftszweige aufbaute, wurde das Geschäft in Rauscha wahrscheinlich im Jahre 1906 verkauft.
Neben dem Kolonialwarenladen hatte die Familie Richter noch eine kleine Landwirtschaft, eine Viehzucht, eine Kaffeerösterei, einen Wein- und Tabakhandel und eine Tankstelle. Trotz der vielen Arbeit errichtete Alfred in den alten Kellergewölben seines Hauses noch eine Likörfabrik. Alfred kaufte sich eine Destillationsanlage und stellte zunächst einige Kräuterliköre und auch einige Obstliköre her.
Am 13.02.1905 wurde das erste Kind Walter geboren, welcher später die gesamten Geschäftszweige übernahm. Es folgten zwei weitere Kinder Herbert (*13.11.1908) und Herta (*01.09.1916).
Zwischen 1910 und 1915 stellte er aus verschiedenen Bitter- und Heilkräutern eine Rezeptur zusammen, um einen eigenen Magenlikör auf den Markt zu bringen. In seinem Sortiment befanden sich schon diverse andere Magenliköre, wie z.B. Halb & Halb, Klosterliköre usw., jedoch war es für ihn sehr wichtig einen eigens zusammengestellten Magenlikör anzubieten. Diese Komposition zeichnete sich darin aus, dass sie im Gegensatz zu vielen anderen Magenlikören bzw. Magenbittern sehr komplex zusammengesetzt war und als große Besonderheit noch mit 1,2L Äther pro 100L Likör versehen wurde. Das Getränk wurde zunächst als „Magenlikör“ angeboten und später im Zuge der besseren Vermarktung unter dem Namen Rittertropfen verkauft. Die ausführliche Geschichte der Rittertropfen finden Sie hier.
Da er mit der Likörfabrik großen Erfolg hatte, ließ sich Alfred Richter nach 1920 von einer Werbefirma ein Logo und einen Markennamen kreieren. Logo wurde ein Ritter mit Schild und einem Likörglas und der Name der Firma und der Produkte wurde ALRICH genannt. Dies setzte sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben des Firmengründers Alfred & Richter. In den „Goldenen“ Zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde es üblich, Werbung zu machen und sich zu präsentieren. Da Alfred Richter ein sehr fortschrittlicher Mann war, gehörten er zu den ersten Leuten in Brüssow, die ein Telefon und einen LKW besaßen. Er installierte als erstes Geschäft eine Leuchtreklame und lieferte alle seine Waren in die umliegenden Dörfer aus.
Auch im Spirituosenbereich wurde viel Werbung gemacht und so zogen Vertreter der großen Druckereien übers Land und boten den Getränkeherstellern Etiketten an. Bis ca. 1925 bezog Alfred Richter seine Etiketten bei der Stettiner Druckerei Ernst Gentzensohn, dann wechselte er zu Deutschlands größter und erfolgreichster Druckerei Gebrüder Illert aus Hanau. Diese Firma konnte aus ihren jährlich erscheinenden Musterbüchern nicht nur Standardlageretiketten liefern, sondern sie beschäftige sehr viele Graphiker, die individuelle Sachen für jeden Getränkehersteller anfertigten konnten. Die Gestaltungsmöglichkeiten wurden mit dem jeweiligen Kunden besprochen und dann folgten die Entwürfe per Post. Viele der damals von Alfred Richter verwendeten Flaschenetiketten waren Individualanfertigungen, bei denen der Ritter und der Firmenname Alrich gleich mit eingearbeitet worden ist. Sie sind erhalten geblieben und werden von uns nun wieder verwendet.
Hier können Sie die historischen Etiketten der Firma Alrich sehen.
Speziell mit der Likörfabrik hatte Alfred Richter großen Erfolg und so meldete er seine Marke ALRICH im Jahre 1929 beim Reichspatentamt unter der Nummer 37591 an. Somit besaßen seine Produkte Musterschutz und durften nicht kopiert werden.
Ein Jahr später wurde auch das Logo der Firma Alrich, der Ritter mit dem Likörgläschen, beim Reichspatentamt unter der Nummer 38440 angemeldet. Beide Eintragungen erfolgten über den Hamburger Patentanwalt Ernst August Utescher. Die Patentanmeldungen können Sie hier sehen.
Im Juli 1930 nahm er mit dem berühmten Lebensmittelchemiker und Buchautor Dr. Erich Walter in Berlin Kontakt auf und schickte ihm eine Flasche Alrich Rittertropfen zu, um diese auf ihre Qualität testen zu lassen. Dr. Walter hatte sein chemisches Labor in der Hagelbergerstraße 1 in Berlin SW 61 (heute Berlin Kreuzberg). Mehr dazu und ein Bild des historischen Gutachtens finden Sie hier.
Die Geschäfte liefen sehr gut und so waren für die gesamte Firma ab ca. 1930 ungefähr zehn Angestellte und Arbeiter tätig. Außerdem wurde der alte Seitenflügel abgerissen und von der Baufirma Magnus aus Brüssow ein neues Seitenflügelgebäude errichtet, welches auch voll unterkellert war.
Bis 1945 wurden von der Firma Alrich folgende Getränke verkauft:
Kräuterliköre:
- Alrichdiktiner 38%
- Alrich Halb & Halb 30%
- Alrich Halb & Halb 38%
- Alrich Rittertropfen 38% (500ml & 700ml)
- Bergamotte 30%
- Berliner Tafel-Kümmel 35%
- Carthäuser-Liqueur 35% (Ersatz für Chartreuse)
- Curacao, orange 40%
- Curacao, weiß 40%
- Curacao Triple Sec 38%
- Dom-Likör 35%
- Edel-Likör
- Feiner Ingwer-Likör 30%
- Feinster Allasch-Likör 30%
- Feinster Bergamotte-Likör 30%
- Feinster Pfeffermünz-Likör 30%
- Feinster Pomeranzen-Likör 40%
- Feinster Prünelle-Likör 30%
- Halb & Halb 36%
- Halb & Halb, Hochfeiner Tafellikör 30%
- Kloster-Likör 38%
- Krachmandellikör 35%
- Mönchlikör 40%
- Pfeffermünz-Likör 40%
- Stargarder Bittere Tropfen 45%
- Thorner Lebenstropfen 40%
Sonstige Getränke:
- Alter Arrak de Batavia Verschnitt 42% (Qualitäten: *, **, ***)
- Alter Nordhäuser 32%
- Alter Richtenberger 32%
- Apfelsaft naturrein, alkoholfrei
- Batavia Arac Verschnitt (Qualitäten: *, **, ***)
- Blut-Orange Likör 30%
- Deutscher Weinbrand 38% (Qualitäten: *, **, ***)
- Edelbranntwein 35%
- Erdbeerwein
- Feiner Cherry-Brandy Fruchtsaftlikör 30%
- Feinster Deutscher Weinbrand 39%
- Feinster Kirschwein
- Feinster Goldkirsch-Likör 30%
- Feinster Maraschino-Likör 30%
- Jamaica Rum Verschnitt 42% (Qualitäten: *, **, ***)
- Johannisbeerwein
- Kirsch mit Rum 30%
- Limonadensirup 60%
- Schlummerpunsch 42%
- Stachelbeerwein
- Weinbrand Alrich Steinalt (Qualitäten: *, **, ***)
- Weinbrand Verschnitt (Qualitäten: *, **, ***)
- Wein Cabernet Chile
- Wein Feiner Alter Tarragona
- Wein St. Estephe Bordeaux
- Wein Original Insel Samos
- Wein Tarragona fine old Quality
- Wein Tarragona Superior Quality
- Zitronensirup
In diesem Schrank lagerten die historischen Flaschenetiketten der Firma Alrich.
Walter Richter
Alfreds erster Sohn, Walter Richter, besuchte die Gemeindeschule in Brüssow und anschließend die Oberschule in Stettin. Nachdem er bei seinem Vater eine Kaufmannslehre absolviert hatte und diese 1924 beendete, arbeitete Walter anschließend im elterlichen Betrieb mit.
An einem sehr heißen Sommertag, dem 18.07.1925, wurde die Familie Richter von einem sehr schrecklichen Unglück heimgesucht. Der zweite Sohn, Herbert Richter, ging mit seinen Freunden baden, sprang von der Seebrücke in den See und tauchte nicht mehr auf. Erst Stunden später konnte er von Tauchern geborgen werden. So war es Walter Richter, dem nun einzigen Sohn, dadurch vorbestimmt, irgendwann die Geschäfte seines Vaters übernehmen zu müssen. Da die Likörfabrik stetig größer wurde und immer mehr Flaschen verkauft wurden, beschloss Alfred Richter seinen Sohn Walter zur damals renommiertesten Destillateurfachschule Deutschlands, der Destillateurfachschule Berlin, zu schicken, damit dieser den Beruf des Destillateurs erlernen sollte. Im Januar 1930 machte er dort seinen Abschluss und kehrte anschließend zurück nach Brüssow.
Während seiner Berliner Zeit hatte Walter Richter engen Kontakt zu einer ehemaligen Freundin seines verstorbenen Bruders Herbert, Hildegard Lehmann, mit der er dann auch enger befreundet war. Daraus entwickelte sich mit der Zeit mehr, die beiden wurden ein Paar und heirateten am 06.06.1932 in Berlin. Die vier Töchter wurden zwischen 1933 und 1943 geboren.
Alfred Richter hatte inzwischen ein weiteres Haus am Brüssower Marktplatz (Stettiner Straße 37 – heute Am Markt 1) gekauft, um dort seinen Lebensabend genießen zu können. Im Jahre 1936 setzte er sich der zur Ruhe und verpachtete seinem Sohn alle Geschäfte zum 01.01.1937. Bis 1945 konnte Walter Richter den Erfolg der Likörfabrik nochmals steigern. Er ließ auf seinem Grundstück am Bahnhof eine Halle errichten, welche Gleisanschluss hatte. Von dort aus wurden seine Getränke in das nahe Pommern und in die Uckermark verkauft. Zum Firmenbestand gehörten auch zwei LKW`s, mit denen die Waren in die nahe Umgebung transportiert wurden. Einmal pro Woche fuhr Walter Richter in alle umliegenden Dörfer, um Lebensmittel an die dortige Bevölkerung zu verkaufen. Auch Walter Richter war wie sein Vater ein fortschrittlich eingestellter Mann und so machte er auch aktiv Werbung und verteilte Werbegeschenke an seine Kundschaft.
Bis zum Kriegsende konnte er seine Umsätze und Gewinne ständig steigern. Jedoch war es ihm auf Grund der teuren Kosten immer noch nicht möglich, einen eigenen Flaschentyp zu verwenden. Alle Getränke der Firma Alrich wurden somit in Standardflaschentypen verkauft. Bis zum Kriegsende konnte Walter Richter mit ungefähr sieben Angestellten und drei Lehrlingen seinen Geschäften gut nachgehen. Als dann die Russische Armee immer näher rückte, floh Walter Richter mit seiner Familie in Richtung Lübeck und wollte dort die Produktion seiner Likörfabrik wieder aufnehmen. Da ihm leider der Motor seines PKW`s sowie sämtliche LKW für Kriegszwecke gestohlen wurden, blieb Walter seiner Frau und den drei kleinen Kindern nichts weiter übrig, als ein Pferd vor die PKW-Hülle zu spannen und damit loszuziehen. Unterwegs wurden sie von den Russen überholt und konnten zum Glück alle Angriffe und Belästigungen dadurch abwehren, indem Sie näherkommenden Personen immer das Wort Typhus zuriefen.
Wohlbehalten in Lübeck angekommen, versuchte Walter für sich und seine Familie alles für einen Neustart vorzubereiten, jedoch drängte ihn sein Vater dazu wieder nach Brüssow zurückzukommen, da sein Haus nicht beschädigt wurde.
Nachdem er doch wieder zurückgekommen war, begann er wieder mit der Herstellung seiner Getränke. Nach einigen Wochen wurde es ihm aber untersagt weiterzumachen – der Russische Militärkommandant verbot ihm jegliche Herstellung von Likören. Er bekam Grundstoffe zur Verfügung gestellt und durfte dann nur noch für die Russische Kompanie Wodka brennen.
Als der Großteil der Russischen Armee 1952/1953 wieder nach Rußland zurückkehrte, wurde ihm die kupferne Destillationsanlage gestohlen, da diese alle wertvollen Rohstoffe mit nach Rußland genommen haben. Die Rittertropfen stellte Walter Richter das letzte Mal 1952 her.
Im Zuge der kommunistischen Verstaatlichung fast aller Betriebe auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wurde Walter Richter gezwungen, seinen Kolonialwarenladen an die stattliche Lebensmittelgesellschaft HO abzugeben, seine Landwirtschaft incl. aller Geräte an die LPG zu übertragen und einen Großteil seiner Räume im Haus an fremde Leute zu vermieten. Er musste dann als Angestellter in einem Delikat-Lebensmittelgeschäft im Ort bis zur Rente arbeiten und lebte fortan als armer gebrochener Mann, da er quasi alles verloren hatte und als „ehemaliger Kapitalist“ nun auch schlecht behandelt wurde.
Doris Richter
Seine jüngste Tochter Doris zog mit 14 von zu Hause aus und lebte in einem Internat in Pasewalk. Nur am Wochenende war sie noch in Brüssow. Mit 16 lernte sie ihren späteren Mann Günter Becker am Brüssower See kennen. Er lebte in Glienicke / Nordbahn bei Berlin und war für einige Wochen auf der in Brüssow ansässigen Wasserwerker- und Brunnenbauerschule.
Da die Familie Becker größtenteils im nahen Berlin arbeitete, war sie vom Mauerbau im August 1961 persönlich sehr stark betroffen und so schmiedeten sie den Plan einen Tunnel zu buddeln, um der DDR zu entkommen. Im Januar 1962 war es dann soweit und 28 Personen flohen durch den berühmten Tunnel 28, über den auch ein Hollywoodfilm gedreht wurde. Doris Richter und Günter Becker heirateten und leben bis heute in Berlin.
Walter Richter und seine Frau wohnten bis 1978 noch in Brüssow und wurden immer wieder von damaligen Stasimitarbeitern drangsaliert und genötigt ihr Haus zu verkaufen – jedoch kam das nicht in Betracht. Erst als Walter 1978 schwer erkrankte und ihm gesagt wurde, dass er nur operiert werden würde, wenn er sein Haus verkaufen würde, beschloss er Brüssow zu verlassen. Sie stellten einen Besuchsantrag nach Westberlin zum Geburtstag der Tochter Doris und blieben kurzerhand dort. Sämtliche persönlichen Sachen ließen sie zurück. Die lebensrettende Operation konnte nun durchgeführt werden und Walter erlebte anschließend die schönsten Jahre seines Lebens. Dem DDR-Regime schrieb er immer wieder Briefe, in denen er erklärte, dass er gerne zurückkommen möchte, dies aber aufgrund seiner Erkrankung leider noch nicht ginge. Nur deshalb gab es keine Enteignung seines Besitzes. Vorsorglich hatte Walter Richter all seine alten Rezeptbücher, nach denen er seine Liköre hergestellt hatte, schon bei vorherigen Besuchen seiner Tochter übergeben und somit waren diese gerettet. Denn nach seinem Weggang aus Brüssow wurde sein gesamter Hausstand entweder im Ort verteilt oder auch auf dem Müll geworfen.
Nachdem es ihm wieder besser ging, besorgte sich Walter Richter in den 1980-er Jahren nochmal alle für die Rittertropfen benötigten Kräuter und stellte zusammen mit seiner Tochter Doris zwei Flaschen her. Er starb im Jahre 1988 und seine Tochter Doris erbte den Besitz in Brüssow noch zu DDR-Zeiten.
Stephan Becker
Nach dem Mauerfall 1990 erhielt die Familie das Haus zurück und die Familie führte nach und nach eine Kernsanierung durch. Zuerst wurden das Ladengeschäft restauriert, denn mit dem Tode des letzten Brüssower Apothekers, Herrn Joachim Magnus, im Sommer 1976 gab es in Brüssow keinen Apotheker mehr. Der Sohn Stephan Becker & seine damalige Freundin Silke studierten gerade Pharmazie und der Plan war es, in den Räumen des ehemaligen Kolonialwarenladens eine Apotheke zu eröffnen, was auch 1995 gelang.
Im Jahre 2009 zur 750-Jahrfeier von Brüssow wurden die Familie Becker gebeten, an einem historischen Markt auf dem Kirchplatz ein altes Handwerk zu präsentieren. Da leider von der alten Apotheke und auch von der Likörfabrik fast nichts mehr übrig war, erinnerten wir uns an die alten Rezeptbücher und stellten einfach drei verschiedene Kräuterliköre her. Es war eine sehr große Überraschung feststellen zu müssen, dass das was wir dort hergestellt hatten, vollkommen anders schmeckte, als alles was wir jemals aus dem Bereich Kräuterliköre probiert hatten. Es wurde ein kleiner Stand aufgebaut und jedem, der dort vorbeigekommen ist, ein Gläschen eingeschenkt. Die ausgewählten Rezepturen zur 750-Jahrfeier waren zufällig gewählt (Blumenlikör, Kraftwasser, Rosenlikör) und dennoch so erstaunlich, dass es durchweg positive Rückmeldungen gab. Manche Leute stellten sich teilweise 10x an, um ein weiteres Gläschen zu bekommen. Anschließend wurden wir von den Brüssower Bürgern angesprochen, dass wir die Getränke doch bitte wieder herstellen sollen, weil sie so schön waren.
In unserer Apotheke stellten wir dann innerhalb der nächsten Jahre im 10L-Maßstab verschiedene Getränke her und mussten feststellen, dass jede Rezeptur immer wieder eine andere erstaunliche Geschmacksrichtung hatte. Wir luden uns Testpersonen ein, veranstalteten Verkostungen und erlebten jedes Mal Begeisterung bei den Teilnehmern. Besonders danken wir Herrn Andreas Käthner und seiner Familie aus Berlin, welche als Testpersonen der ersten Stunde maßgeblich die Auswahl der historischen Getränke beeinflußt haben!
Das war natürlich eine sehr gute Voraussetzung, um weiter zu machen. Wir hatten die Idee, den Namen Alrich auch wieder schützen zu lassen, und noch vor Eröffnung der neuen Firma Alrich Historische Liköre haben wir die Marke Alrich wieder als Wort-Bild-Marke beim Deutschen Patentamt unter der Nummer 302009055671 angemeldet.
Die erhalten gebliebenen Etiketten wurden dann von uns mit einem Bildbearbeitungsprogramm auf neue Bedürfnisse hin umgearbeitet und ein Flaschentyp ausgesucht, denn leider werden heutzutage keine Flaschen mehr hergestellt, die den damaligen Likörflaschentypen entsprechen. Wir bestellten uns von Großhandlungen mehrere 100 Musterflaschen und versuchten, eine passende Flasche herauszufinden.
Wir entschieden uns schließlich für den italienischen Flaschentyp Nocturne der Firma Bruni Glass, da dieser sowohl Längs- als auch Queretiketten tragen kann, da er etwas apothekenmäßig aussieht und aus dickem, schwerem Glas besteht. Damals war dieser Flaschentyp relativ neu auf dem Markt und relativ selten – heute jedoch wird er von allen möglichen Firmen im Whisky-, Wodka- und Likörbereich verwendet. Aber leider ist es auch für uns wegen der hohen Kosten nicht möglich, einen eigenen Flaschentyp anfertigen zu lassen.
Um zu testen, ob unsere Getränke auch wirklich verkäuflich sind, haben wir dann in der Region verschiedene Läden angesprochen, ob sie unsere Produkte testweise anbieten und verkaufen würden. Auch hier erlebten wir positive Unterstützung und deshalb möchten wir uns ganz speziell beim Weinhaus Gotzmann und der Q-Regio-Hofladenkette bedanken. Aufgrund der vielen positiven Rückmeldungen und der immer größer werdenden Herstellungsmengen beschlossen wir, neue Räumlichkeiten für die Firma Alrich zu suchen. In Brüssow gab es nichts zu mieten oder zu kaufen, bis auf das alte Apothekengebäude der Adler-Apotheke, welches als Brandruine auf einem verwilderten Grundstück stand. Der damalige Besitzer wollte das Grundstück verkaufen und so hatten wir die Möglichkeit unser Manufakturgebäude zu errichten. Einen Dank möchten wir auch an Herrn Dr. Katsakoulis aus Trampe aussprechen, der uns ermutigt hat, für den Aufbau der Firma Alrich EU-Fördermittel zu beantragen. Im Jahre 2011 haben wir dann mit dem Abriss des Gebäudes begonnen und ein weiteres Jahr später mit dem Neubau.
Unsere Intention war es, dem späteren Besucher eine visuelle und geschmackliche Zeitreise bieten zu können. Da wir ja auch nur historische Getränke herstellen, errichteten wir ein Gebäude, welches von der Außenansicht ungefähr Fabrikhallen aus der Zeit von 1850 entspricht. Es wurden extra Klinkersteine in einem historischen Farbton angefertigt und das Dach wurde, wie es vor 1900 üblich war, mit einem Rautenmuster verziert. Da es heute keine Kräuterlikörfabriken mehr gibt, die man besichtigen kann, haben wir versucht, den Verkaufsraum so zu gestalten, wie Verkostungsstuben ehemaliger Likörfabriken aus der Zeit von ca. 1800 /1900. In Archiven haben wir uns Inspirationen in Form von alten Ansichten, Postkarten und Kupferstichen besorgt und auch Bücher aus vergangenen Jahrhunderten zum Thema Kräuterliköre gelesen, um uns ein möglichst großes Wissen zu dem Thema Kräuterliköre anzueignen.
Das errichtete Gebäude inklusive der Einrichtung und Ausstattung wurde von uns alleine geplant und unter unserer Anleitung nach unseren Vorstellungen umgesetzt.
Wir waren sehr glücklich, zu unserem Hochzeitstag am 20.09.2014 die Eröffnung der neuen Firma Alrich Historische Liköre feiern zu können.
Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals bei Allen bedanken, die uns auf dem schwierigen Wege mit Rat und Tat zur Seite standen und uns unterstützt haben!